Die Bluegrass Blossoms – Schweizer Bluegrass-Pioniere

4 Mai

Sie zählen zusammen mit den Country Pickers und den Country Ramblers zu den Legenden der Schweizer Bluegrass-Szene. Die Bluegrass Blossoms aus Bern waren eine Bluegrass-Band, die unzählige Bluegrass-Fans und Musiker in und um ihre Heimatstadt und in der ganzen Schweiz beeinflusst hat. Die Band war bekannt für ihre Vielseitigkeit. Während ihres Bestehens (1971-1982) spielten rund 200 Shows, oft an ungewöhnlichen Orten, im nationalen Fernsehen und Radio, und agierten 1976 als Back-up-Band für Charlie Moore auf seiner kurzen Schweizer-Tournee. In vielerlei Hinsicht war die Band typisch für europäische Bluegrass-Bands dieser frühen Zeit. Sie verdienen es, als Pioniere unserer Musik für ihre bahnbrechenden Beiträge anerkannt zu werden.

Die ersten Kontakte zwischen Heinz Kempa (*1953, Gitarre), Gérard Theiler (*1952, Mandoline) und Hans Holzherr (*1949, Banjo) wurden 1970 geknüpft. Heinz und Gérard waren alte Schulfreunde, und mit Hilfe einiger weniger Ramblin‘ Jack Elliott-Schallplatten begannen sie, Folk Music auf zwei Gitarren zu spielen. Der Soundtrack von «Bonnie und Clyde» sowie die durch einen gemeinsamen Freund vermittelte Begegnung zwischen Heinz und Hans (der eine Dillards-LP besass) führten zur Gründung der Bernese Three, die 1971 erstmals im Folk Club Bern öffentlich auftraten. Der aufblühende Folkboom und die Mahogany Hall in Bern stellten für das Trio und seiner Entfaltung ein wunderbares Setting dar.

Der Bandname wurde auf Bluegrass Blossoms geändert, bevor 1973 Mathias Baumann (*1950, Gitarre, lead vocals) zum Trio stiess. Heinz verliess im Mai desselben Jahres die Band wegen eines Auslandaufenthaltes, und Bänz Hadorn (*1942, Kontrabass) aus der Dixieland-Szene konnte fürs Mitmachen gewonnen werden. Damit  war im Juni 1973 eine der ersten Schweizer Bluegrass-Bands instrumental komplett bestückt.

Die Helden der Bluegrass Blossoms waren zu Beginn die Dillards, aber am nachhaltigsten liessen sie sich von den famosen Country Gentlemen beeinflussen. Die entsprechenden gesanglichen Möglichkeiten ergaben sich ab Mitte 1975, als das geboren wurde, was wir heute als die klassische Version der Bluegrass Blossoms betrachten: Als Nachfolger von Mathias spielte Tom Lochbrunner (*1952) die Gitarre und sang lead und tenor, Peter Greisler (*1952) spielte Fiddle und sang lead im mehrstimmigen Gesang, Hans Holzherr am Banjo sang baritone, Gérard Theiler spielte Mandoline und Bänz Hadorn Bass. Die Band sang mehrheitlich traditionellen Bluegrass, komponierte eigene Instrumentals und wurde auch für ihre Adaptionen von Bluegrass-fremdem Material geschätzt.

Die Besetzung veränderte sich nach fünf Jahren zum Quartett: zu Gérard und Bänz gesellten sich neu Mike Horowitz (*1947) an der Gitarre und Martin Stettler (*1959) am Banjo.

Während der Zeit ihres Bestehens gaben die Bluegrass Blossoms zwei LPs heraus (1977 «A Slice of Bluegrass»; 1980 «Eat It Up»; beide Covers zeigten originelle Kunstwerke ihres Fiddlers Peter Greisler, einem angehenden Zeichnungslehrer). Diese LP’s zählten zu den frühesten Tonträgern im Schweizer Bluegrass und beeinflussten und prägten stark die aufkommende Bluegrass-Szene in der Schweiz.

Zu den Höhepunkten in der Karriere der Bluegrass Blossoms zählte ein ausserprogrammmässiger Auftritt am Folkfestival Osnabrück 1972 sowie Auftritte an den bekanntesten Folk Festivals der 1970er Jahre in der Schweiz,  zum Beispiel am auf der Lenzburg??, in Liestal, in Epalinges, auf dem Bachtel und dem Gurten. Sie spielten zahlreiche Konzerte und Hootenannies in der legendären Mahogany Hall, in welcher auch Top Acts aus den USA wie die Country Gentleman, David Grisman, Byron Berline, New Grass Revival, Doyle Lawson, Seldom Scene, Lynn Morris, Laurie Lewis und viele andere auftraten. Dazu kamen Auftritte im Schweizer Radio und Fernsehen, in renommierten Hotels in den Schweizer Alpen, in vielen Folk Clubs und an Volksfesten.

Ihre instrumentalen Fähigkeiten sowie ihr Harmonie-Gesang waren erstklassig. Hans Holzherr war ein grossartiger Interpret von Bill Keiths Banjo-Stil und war mit dem berühmten Vorbild befreundet. Gérard Theilers Mandolinen-Virtuosität schloss das famose Crosspicking von Jesse McReynolds mit ein, und Bänz Hadorn spielte walking bass Passagen zu einer Zeit, in der die meisten Musikfans noch nie etwas von Tom Gray gehört hatten. Gérard gewann in den 1980er Jahren dreimal hintereinander den 1. Preis im Mandolin Contest an der Old Fiddler‘s Convention in Galax, Virginia und lebt seit den1980er Jahren in den USA.

Nach unzähligen Probestunden in der Mahogany Hall, rund 200 Auftritten und zwei Langspielplatten löste sich Bluegrass Blossom als Band im Dezember 1981 auf. Und doch leben sie in der Erinnerung vieler Schweizer Bluegrass-Fans der ersten Stunde weiter. Im Rahmen des 50jährigen Bestehens der Mahogany Hall veranstaltete der Folk Club Bern zwei spezielle Abende. Am 4. Dezember 2018 liessen Heinz Kempa,  Gérard Theiler, Hans Holzherr, Tom Lochbrunner, Peter Greisler, Bänz Hadorn und Mike Horowitz die Bluegrass Blossoms noch einmal aufleben.

Text: Beat Heri (Ergänzungen von Hans Holzherr und Bänz Hadorn) / Fotos: Archiv Bluegrass Blossoms

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